“Gibt es Leben im All?”
Zusammenfassung des Vortrags von Franz Kerschbaumer, gehalten am 21. Februar 2025 in der Sternwarte Klagenfurt.
Die Frage, ob wir alleine sind im All, beschäftigt die Menschheit schon sehr viel länger als seit H.G Wells 1898 in „Krieg der Welten“ Marsianer über uns brachte, dem „Great Moon Hoax“ von 1835, oder den ebenfalls grob aus dieser Zeit stammenden Hoffnungen, Venus wäre ein tropisches Paradies. Die Hoffnung und Überzeugung Leben jenseits der Erde zu finden, beschäftigte bereits Philosophen und Denker wie Demokrit („Einige Welten wachsen, blühen oder zerfallen. Kollisionen untereinander zerstören sie, eine Zahl von Welten ermangelt der Tiere, Pflanzen und des Wassers.“ - 5. Jhdt. v. Chr.), und zieht sich durch alle Epochen und Kulturen („Wie unvernünftig wäre es doch anzunehmen, dass außer Himmel und Erde, die wir sehen, keine anderen Himmel und keine anderen Erden sind.“ - Teng Mu, 1200 n. Chr.).
Johannes Kepler, berühmt für seine nach ihm benannten Gesetze zu den Umlaufbahnen der Planeten, fürchtete gar die Aussicht auf ein potentiell unendliches Universum mit zahllosen Planeten. Doch gerade seine Erkenntnisse helfen uns heute bei der Suche nach fernen Welten.
Kepler legte, zusammen mit anderen Größen wie Tycho Brahe und Galileo Galilei, den Grundstein für die moderne Astrophysik. Ging Kepler noch davon aus, dass die Planeten sich gleichmäßig um ihren unbeweglichen Heimatstern, einen „Fixstern“ bewegen, korrigierten Newton und Einstein diese Anschauungen und zeigten auf, dass nicht nur Planeten um ihre Sterne kreisten, sondern auch die Sterne selber nicht unbeweglich sind, sondern durch die gravimetrische Wechselwirkung mit ihren Planeten selbst in Bewegung sind, und das gesamte System einen Schwerpunkt, das Baryzentrum, umkreist. Wieso ist diese Erkenntnis wichtig, und wie hilft sie uns dabei Planeten zu entdecken? Sie zeigt, dass Sterne, die ein Planetensystem besitzen, zu „wackeln“ scheinen und erlaubt uns so Aufschluss darüber, wie groß die Massen der Planeten im Vergleich zu ihrem Stern sein müssen. Oft sind diese Bewegungen durch direkte optische Teleskopie nicht messbar – man nutzt den Doppler-Effekt aus, also den Umstand, dass auch Licht gedehnt (Rotverschiebung) oder gestaucht (Blauverschiebung) wird, wenn ein Objekt sich bewegt. Mit dieser Methode lassen sich jedoch hauptsächlich ‚Heiße Jupiter‘ nachweisen – massereiche Gasriesen in nahen Orbit um ihren Stern, oft hunderte Grad heiß und mit enormen Drücken – kaum der geeignete Ort für außerirdisches Leben.
Wo Planeten um Sterne kreisen tritt jedoch, wenn der Winkel günstig steht, noch ein weiteres Phänomen auf; Extrasolare Transits. Gemeint ist, dass ein Planet sich zwischen uns und seinen Stern bewegt und so, kurzfristig, aber regelmäßig, ein Stück des Sterns verdeckt und damit die Leuchtkraft des Sterns senkt. Auch hier müssen wir auf photometrische Messungen anstatt klassischer Teleskopie zurückgreifen. Diese Methode funktioniert ebenfalls am besten mit großen, sonnennahen Planeten (sie decken mehr von ihrem Stern ab und hinterlassen damit eine deutlichere Spur in den Messungen), erlaubt uns aber schon bedeutend näher an „erdähnliche“ Planeten heranzukommen. Eine zweite Erde haben wir unter den über 7000 entdeckten Planeten noch nicht gefunden, doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis unsere Messmethoden so genau werden, dass wir auch solche Planeten (klein und weiter entfernt von ihrem Stern) aufspüren können.
All das bringt uns nun der Frage näher; Sind wir alleine im All? Und wo lohnt es sich zu suchen?
Mit nur der Erde als Referenz scheint es schwierig eine treffende Aussage zu finden, wo überall Leben existieren kann – extremophile Bakterien, wie jene die in hunderte Grad heißer Schwefelsäure und ewiger Dunkelheit an den Hängen von Tiefsee-Vulkanen gedeihen, zeigen uns, dass Leben sehr anpassungsfähig sein kann. Dennoch können wir tatsächlich große Teile unserer Galaxie zumindest einmal als unwahrscheinliche Orte für Leben bezeichnen.
Der galaktische Kern, jene dicht mit Sternen besetzte Region im Zentrum der Galaxie, wäre kaum geeignet für Leben. Extreme Strahlung, ständige Supernovae, supermassereiche Sterne, die Gefahr von stellaren Kollisionen – alles davon würde selbst primitive chemische Verbindungen, weit entfernt von Leben, wieder in Atome aufbrechen und Leben unmöglich machen.
Der galaktische Rand, im Gegenzug, hat nur wenige neu entstehende Sterne und ist arm an den Elementen und Stoffen, die es zur Bildung von Gesteinsplaneten und in weiterer Folge Leben bräuchte. Auch hier werden wir also wahrscheinlich nicht fündig.
Es bleibt also ein Band in der Mitte der Galaxie. Hier könnte das Leben eine Chance haben, doch auch hier können wir noch weiter aussieben. Zu große Sterne – blaue Überriesen – würden zu viel Strahlung produzieren und nicht lange genug existieren, um Leben zu ermöglichen. Zu junge Sterne wären noch zu heiß, um Leben auf ihren Planeten gedeihen zu lassen, und hätten kaum die Milliarden von Jahren Zeit gehabt, die es bräuchte, bis Leben überhaupt entstehen kann. Zu alte Sterne – rote Riesen – hätten wahrscheinlich ihre einst bewohnbaren Planeten bereits geschluckt und würden nicht mehr lange genug brennen, um noch einmal Leben auf den entfernteren Planeten gedeihen zu lassen. Zu kleine Sterne – wie braune Zwerge – sind zu kalt und oft zu instabil. Wir können die Suche also gut auf sonnenähnliche (G-Klasse) und kleinere Sterne (K- und M-Klasse) einschränken, und auf ein gewisses Alter.
Werden wir also demnächst außerirdische Zivilisationen entdecken? Vermutlich nicht. Frank Drake stellte 1961 die nach ihm benannte Drake-Gleichung auf, ein Modell, das beschreibt, wie häufig intelligentes Leben in der Galaxie in etwa ist. Fazit; Von den geschätzt 400 Milliarden Sternen in Galaxie dürften nur etwa ein Tausendstel, also 400 Millionen, bewohnbare Planeten besitzen. Höheres Leben, wir reden von mehrzelligen Lebensformen, braucht längere Zeitabschnitte. Das reduziert die Zahl um etwa 90%, auf 40 Millionen. Intelligentes Leben, also „Aliens“ wie wir sie aus der Science-Fiction kennen, ist empfindlich und braucht noch entschieden länger, was die Zahl auf magere 40.000 senkt. Und bis eine Spezies die Technologie entwickelt zu kommunizieren, oder gar zu den Sternen zu reisen, vergehen noch weitere Jahrtausende, in denen die Spezies vielleicht ausstirbt. Selbst dann ist die „aktive“ Zeit, in der wir theoretisch in Kontakt treten können, womöglich nur sehr kurz – Jahrhunderte oder Jahrtausende vielleicht – und die Distanzen zwischen uns enorm. Wir Menschen dürften also tatsächlich ziemlich einzigartig im All sein.
Ist es das nun? Werden wir also wahrscheinlich niemals anderes Leben im All finden? Wahrscheinlich doch. Die Chancen eines Tages einem Alien die Hand zu schütteln sind nicht null – bloß astronomisch klein. Und selbst wenn wir nie ein anderes intelligentes Wesen treffen, wäre es schon ein Meilenstein, einfaches Leben zu finden. Die Drake-Gleichung gibt uns auch hier Hoffnung; Intelligente Zivilisationen mögen rar sein, doch Leben im All wahrscheinlich nicht, und sogar unsere unmittelbare Nachbarschaft – Enceladus, Titan oder Europa (Jupitermond) – könnte in ihren Ozeanen aus Wasser oder Seen aus flüssigem Methan außerirdische Einzeller beheimaten. Um den Artikel mit den, aus „Contact“ geborgten Schlussworten des Vortrags zu beenden; „Gäbe es nur uns, wäre es eine schreckliche Platzverschwendung.“ Und um „Jurassic Park“ zu zitieren; „Das Leben findet einen Weg.“